Back to the roots: Wie geht es eigentlich den Büropflanzen?

Nach 15 Monaten zu Hause haben wir für unser Grünzeug das Schlimmste befürchtet. Aber zurück im Büro stellt sich heraus: Die Büroflora hat bereits Gras über die Sache wachsen lassen. Ein Besuch im Dschungel.

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Hat nicht auf unsere Rückkehr gewartet: Die Bürobotanik. (Bild: Daniel Faulhaber)

Seit Montag, den 31. Mai dürfen Büroangestellte wieder aus dem Homeoffice ins Büro zurückkehren. Vorausgesetzt, die Angestellten lassen sich testen. Auch die Bajour-Belegschaft macht sich langsam Gedanken über die Rückkehr an den angestammten Arbeitsplatz, da ereilt sie plötzlich der grosse Schock! DIE BÜROPFLANZEN! Jesses, was ist eigentlich aus denen geworden?

Vor der Morgensitzung an Tag 1 nach Ende der Homeoffice-Pflicht der geknickte Gang ins Büro. Das Joch der Schuld lastet schwer, sind sie alle tot? Wir müssen davon ausgehen. Türe auf. Hallorufe ins leere Grossraumbüro, die Stimme bricht – da raschelts hinten rechts aus dem Blätterwald. 

Sollten das etwa …? 

Mikrofon an und ran an den Busch.

Hallo ihr Lieben, schön euch zu ...

Zitronenpelargonie: Also, kommt der Typ ins Fachgeschäft und fragt: Haben sie viele Pflanzen? Was denkt ihr, was antwortet der Verkäufer? Na, Na?

Das Mallorca-Gesteck: Ich habe keine Ahnung, klingt jetzt schon nach einer miesen Pointe. Was sagt der Verkäufer?

Zitronenpelargonie: Wir HORTENSIE, haha, verstehst du? Wie die Pflanze! LOL!

Ok, ganz kurze Bestandsaufnahme: Anderthalb Jahre nachdem wir dieses Büro in Richtung Homeoffice-Exil verlassen haben, sehen diese Pflanzen besser aus als jemals zuvor. Die Zitronenpelargonie haben wir als dürren Busch in Erinnerung, jetzt steht sie da und reisst Witze. Das Mallorca-Gesteck ist eigentlich gar keine richtige Pflanze! Sie ist aus Plastik und wurde deswegen früher für ihre Ähnlichkeit mit dem Partyschmuck besoffener Touristen auf Mallorca gemobbt.

Jetzt strahlen sogar die falschen Blüten des Mallorca-Gestecks greller als jemals zuvor. Was um alles in der Welt ist in diesem Büro passiert, während wir weg waren?

«Hört euch den an. Lässt sich monatelang nicht blicken und macht dann einen auf Gärtner.»
Zitronenpelargonie

Ficus Benjamina (zu den anderen Pflanzen): Hey Greenies, schaut mal wer da steht. Der Lauch vom Pult nebenan. Sieht blass aus, der Gute.

Mallorca-Gesteck: Gib dem mal ein bisschen Brot. Das essen die Zweibeiner doch, oder? Sie essen Brot, wenn sie welk werden. (Das Mallorca-Gesteck äfft jetzt menschliche Laute nach) AaAah, ich bin ganz knittrig, bitte gebt mir ein bisschen Brot sonst steeerbe ich. Menschen. Unerträglich, diese Drama-Queens. 

Äh, hallo erstmal? Freut mich, dass ihr alle wohlauf seid. Wie ging es euch in Zeiten der Pandemie?

Zitronenpelargonie: Hört euch den an. Lässt sich monatelang nicht blicken und macht dann einen auf Gärtner. Gut gings uns, du Tulpe, wir hatten die Zeit unseres Lebens. Einmal hat sich eine Woche kein Zweibeiner blicken lassen, da hat sich Thomas, das Efeu vom Dach, durch diese Ritze da oben zu uns heruntergearbeitet und wir haben zusammen abgedschungelt. 

Keulenlilie (vollkommen euphorisch): JA, DREI FLASCHEN DÜNGER AUF EX, ES WAR NE GEILE ZEIT.

Mallorca-Gesteck: Es war paradiesisch, Nature was healing, du Knolle. Einmal haben wir da drüben einen Delfin aus der Kaffeemaschine springen sehen. Sag bloss nicht, dass ihr jetzt wieder hier einziehen wollt?

Äh, naja, die Pandemie flacht ab, wir wollten langsam zurück ins Büro.

Ficus Benjamina (nachäffend): ZurÜcK ins BüRO àl a back to the roots oder was? Hier hat euch keiner vermisst. Seit wir bei bella Zitronenpelargonie diesen Crashkurs in Photosynthese gemacht haben, kommen wir auch ohne euch Wasserträger klar. Wie heisst es unter uns so schön: An sechs Tagen stehen die Menschen auf dem Schlauch, am siebten verwandeln sie Wasser in Wein. Und da hat unsereins auch wieder nichts davon. 

«Ihr habt Pandemie, wir haben Party. Keine Pflanze dieser Welt hat euren Turboalltag vermisst.»
Mallorca-Gesteck

Also so oft trinken wir auch wieder keinen Alkohol! Ein paar von uns sind so jung, die dürfen vor dem Gesetz noch gar nichts trinken.

Zitronenpelargonie: Hört euch den Gesetzling an! Hier gibts keine Regeln, sondern Wildwuchs. Einmal, während ihr weg wart, kam eine Passantin zur Büro-Türe hinein und wollte eine Journalistin sprechen. Sie hatte einen ganz heissen Tipp für irgendeinen gigantischen Skandal und wollte wissen, ob jemand da sei. Wir sagten zu ihr, hier sei schon lange niemand mehr eingegangen. Zwinkizwonki, verstehst du? Aber die Passantin hat das natürlich nicht begriffen, typisch Mensch, die ging einfach wieder.

Entschuldigung, das wäre jetzt natürlich wichtig. Was war das denn für ein Skandal? Wir brauchen die Story.

Mallorca-Gesteck: Die einzige Story, die wir dringend brauchen ist die vom 31-jährigen Journalisten, der aus dem Fenster stieg und verschwand. Im Ernst, spiel uns hier nicht das Lied vom Tod, du Zwiebel, wir wollen flexen. 

Gut gut, also, wir setzen uns einfach in aller Ruhe da vorne an die Tische und machen unsere Arbeit.

Ficus Benjamina: Besser ist es, dann können wir hier in Ruhe fortpflanzen. 

Ich bitte euch, früher war das hier irgendwie, naja, geerdeter.

Mallorca-Gesteck: Lass die ollen Wortspiele. Ihr habt Pandemie, wir haben Party. Keine Pflanze dieser Welt hat euren Turboalltag vermisst. 

Entschuldige mal, wir Menschen haben an uns gearbeitet und viel Sauerteigbrot gebacken. Wir sind andere Menschen geworden, mehr Bewusstsein und Empathie, weniger Egoismus. Wir haben oft das Wort Solidarität gesagt und ...

Aber da hört uns schon niemand mehr zu. Zitronenpelargonie, Ficus Benjamina und die Keulenlilie haben sich hinter dem Mallorca-Gesteck zu einer Polonaise aufgereiht. Sie singen «ich hab ne Zwiebel aufm Kopf ich bin ein Döner» und lachen dazu, weil sie den Text so dumm finden. 

Nature is healing haben sie gesagt. Das haben wir jetzt davon. Willkommen zurück im Büro.

_____________________

Der Dank der Bajour-Belegschaft gilt Ibrahim mit dem grünen Daumen, der, auch wenn die Wurzelpunks das abstreiten würden, unsere Pflanzen mit Wasser versorgt und gerettet hat.  

Wie stehts um deine Büro-Botanik? Schick uns gerne ein Bild der Sachlage und wehe, du beschönigst da was. Pflanzenpics gerne an [email protected].

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Bei Bajour als: Reporter und Redaktor

Hier weil: da habe ich die Freiheit, Neues anzupacken und unkonventionell zu arbeiten, ohne über sieben Hierarchiehürden zu springen. Das ist toll. Gleichzeitig macht diese Freiheit natürlich Angst, und das wiederum schweisst zusammen. Darum bin ich auch hier. Wegen des Teams.

Davor: Bei der TagesWoche und davor lange Jahre an der Uni mit Germanistik & Geschichte.

Kann: Ausschlafen.

Kann nicht: Kommas.

Liebt an Basel: Die Dreirosenbrücke. Das Schaufenster des Computer + Softwareshops an der Feldbergstrasse Ecke Klybeckstrasse. Das St. Johann. Dart spielen in der Nordtangente. Dass Deutschland und Frankreich nebenan sind.

Vermisst in Basel: Unfertigkeit. Alles muss hier immer sofort eingezäunt und befriedet und geputzt werden. Das nervt. Basel hat in vielem eine Fallschirmkultur aus der Hölle. Absichern bis der Gurt spannt. Ich bin schon oft aus Versehen eingeschlafen.

Interessensbindung: Vereinsmitglied beim SC Rauchlachs.

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