Basler Schulen platzen aus allen Nähten

Die Freiwillige Schulsynode Basel-Stadt schlägt Alarm: Die Schulzimmer sind so voll, dass die Leistungsfähigkeit ihrer Schutzbefohlenen gefährdet ist.

Nächste Woche bekommt Erziehungsdirektor Conradin Cramer (LDP) Besuch. Eine Abordnung der Freiwilligen Schulsynode Basel-Stadt (FSS) mit Präsident Jean-Michel Héritier wird ihm zu erklären versuchen, wie eng es mittlerweile in manchem Klassenzimmer geworden ist. In Riehen und Bettingen wurden die gesetzlich festgeschriebenen Klassengrössen bereits letzten Herbst überschritten, gleiches droht gemäss Héritier nun auch in der Stadt. 

Irgendwo müssen die 1000 zusätzlichen Schüler*innen, die das Erziehungsdepartement am Montag zum Schulstart in einer Medienmitteilung als Beleg für den Attraktivität Basels als Wohnort nannte, ja unterkommen. Insgesamt verzeichnet der Kanton Basel-Stadt nun insgesamt 26 500 Schüler*innen. Doch zusätzlichen Schulraum gibt es so schnell nicht. Das neue Lysbüchelschulhaus ist ein Ersatzbau. Und bis die projektierten Neubauten Sekundarschulhaus Klybeck sowie Primarschulhaus am Walkenweg bezugsbereit sind, werden sicher noch drei Jahre vergehen; beim auf dem Dach der neuen Dreispitz-Migros geplanten Schulhaus sogar noch deutlich länger.

 Zwischen 2011 und 2019 wurden im Rahmen einer Schulraumoffensive 790 Millionen Franken in 65 Projekte investiert. Es wurde zwar auch zusätzlicher Schulraum geschaffen, doch vor allem wurde renoviert. Man ging damals nicht davon aus, dass die Schüler*innen-Zahl dermassen ansteigen würde. Oder wie Héritier heute bilanzierend sagt: «Die Regierung plante damals die Schule der Zukunft mit Zahlen aus der Vergangenheit.»

Entsprechend besorgt ist die FSS. In einer Resolution fordert sie den Kanton auf, die gesetzlichen Vorgaben bezüglich Klassengrössen einzuhalten:

  • Maximal 20 im Kindergarten 
  • Maximal 25 in der Primarschule 
  • Maximal 25 im P-Zug der Sekundarschule
  • Maximal 23 im E-Zug der Sekundarschule
  • Maximal 16 im A-Zug der Sekundarschule
  • Maximal 25 an den Mittelschulen und Wirtschaftsmittelschulen 
  • Maximal 24 an den Berufsschulen
Jean-Michel Héritier
Kämpft für mehr Schulraum: Jean-Michel Héritier, Präsident der Freiwilligen Schulsynode Basel-Stadt

Ebenso müssten die offiziellen Platzzahlen in den Tagesstrukturen eingehalten werden, schreibt die FSS in der noch vor den Sommerferien verabschiedeten Resolution. Tagesstruktur ist ein bürokratischer Name für Hort oder Schulergänzende Kinderbetreuung. 

Die Zahlen werden aufgrund der Raumverhältnisse berechnet und dürfen gemäss Resolution nicht überschritten werden. «Die Richtgrösse von acht Schülerinnen  und Schülern pro Betreuungsperson (Betreuungsschlüssel) ist daher einzuhalten.»

Héritier geht es nicht nur um die Belastung der Lehrerschaft, als vielmehr um die Leistungsfähigkeit der Schüler*innen, die unter diesen (Platz-)Voraussetzungen in der integrativen Schule abnehmen würde. Oder wie es in der Resolution heisst: «Ein Qualitätsabbau bei der Bildung darf nicht riskiert werden, indem der einer integrativen Regelschule angemessene, differenzierte Unterricht durch zu hoch bemessene Lerngruppengrössen erschwert oder teilweise sogar verunmöglicht wird.» Finanzielle Einsparungen «auf Kosten der jüngsten Einwohnerinnen und Einwohner» dürfe es nicht geben.

Der FSS-Präsident ist sich bewusst, dass die Lehrerschaft mit der Resolution keine wirklich scharfe Waffe in Händen hält. Sie soll dem Weg des Dialogs dienen. Ob dieser Weg zum Ziel führt, ist offen. Denn für das Erziehungsdepartement ist noch nicht ausgewiesen, dass die Situation so dramatisch ist, wie von der FSS dargestellt. Sprecher Simon Thiriet: «Wir können erst Mitte September sagen, wie es sich mit den Klassengrössen verhält. Der Grund ist, dass es momentan immer noch viele Bewegungen gibt und wir den statistischen Stichtag abwarten müssen, der gemäss dem Bundesamt für Statistik jeweils am 1. Freitag im September ist. Die Auswertung dauert dann eben bis Mitte September. Was man jetzt schon sagen kann, ist, dass über die gesamte Volksschulen gesehen aufgrund steigender Schülerzahlen neue Klassen eröffnet wurden.»

 Wenn alles nichts nützt und die FSS bei Cramer aufläuft, könnte man allenfalls politische Vorstösse initiieren. «Doch so weit sind wir noch lange nicht, erklärt Héritier.

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