Adie Avec am Messeplatz

In knapp zwei Wochen ist Schluss für das Avec Bistro am Messeplatz. Laut Betreiberin Valora ist die Coronakrise schuld. Ein paar Stammgäste macht das traurig.

Avec Messeplatz
Nur noch bis am 24. Februar 2022 geöffnet: Das Avec Bistro am Messeplatz.

Freitagvormittag, Messeplatz. Ein Mann in schwarzer Jacke und zufriedenem Blick kommt gerade aus dem Avec Bistro. Er heisst Andreas Gähler und wohnt gleich um die Ecke. In diesem Avec ist der 42-jährige Stammkunde, und das nicht nur wegen der Lage: «Dieser Avec ist persönlich. Die Bedienung ist freundlich, wir sind mittlerweile per Du.» In seiner Stimme ist die Wertschätzung zu hören. 

Gähler wird in Bälde nicht mehr wie bis anhin mehrmals pro Woche herkommen können, um sich Zigaretten oder eine Prepaid-Karte fürs Internet zu kaufen. Denn: Das Avec Bistro wird nach dem 24. Februar 2022 dauerhaft schliessen, wie Valora am Freitag gegenüber Bajour bestätigt. Hintergrund seien die infolge der Coronakrise stark rückläufigen Kundenfrequenzen an diesem Standort. 

Wer kommt noch hierher?

Vorausgesetzt, das Lokal wird nicht gleich wieder mit Leben gefüllt, ist ausser der japanischen Ramenbar «Namamen» dann niemand mehr auf dem Messeplatz, der tagsüber Hunger und Durst oder ganz einfach ein Pausenbedürfnis stillt.

Die Brasserie Versau gleich gegenüber dem Congress Center ist nur als buchbares Eventlokal oder während Messen geöffnet. Sitzplätze zum Verweilen gibt's nur an der Tramhaltestelle. Und eben noch beim Avec. Wer mit dem Velo hierher kommt, verbringt zunächst eine geraume Zeit mit der Suche nach einem Abstellplatz. Aber eben: Wer kommt schon hierher?

Februar 2022 Messeplatz
Dort hinten ist er, der Messeplatz-Avec. (Bild: Michelle Isler)

Viel los ist an diesem Freitagmorgen jedenfalls nicht. Ein paar Leute stehen an der Tramhaltestelle, jemand flitzt mit einem elektronischen Trottinett vorbei. Ein Paar mit Gepäck erkundigt sich nach dem nächsten Tram zum Badischen Bahnhof. Ab und zu kommt jemand Richtung Avec, zum Beispiel zwei Bauarbeiter in neongelber Arbeitskleidung. Beim Verlassen des Geschäfts schälen sie ihre gerade gekauften Zigarettenpäckchen aus der Plastikfolie.

Imbiss, Zigis, Kaffeepause

Nicht so schnell wieder weg ist Emre Cetin. Der 21-Jährige steht vor dem Avec und raucht. Er arbeitet im Impfzentrum in der Administration und ist – wie Andreas Gähler – ein Stammkunde. «Ein Mal pro Tag komme ich sicher hierhin und hole mir ein warmes Brötli oder ein Weggli», sagt er. Ihm gefällt es auf dem Messeplatz, er beschreibt den Ort als «offen» und schätzt, dass er für etwas Warmes einfach einmal über den Platz gehen kann.

Gegen Mittag kommen mehr Kund*innen, so auch die beiden Handwerker Chanaphai Amphaijit und Detlef Leutner. Sie sitzen draussen auf den Holzstühlen. «Der Avec ist praktisch, wenn man grad in der Nähe arbeitet», sagt Amphaijit. «Ich komme ab und zu her fürs Zmittagessen oder einen kleinen guten Imbiss, so einen Wurstweggen oder eine Pizza.» Sie finden beide den Messeplatz nicht unbedingt gemütlich, aber Leutner sagt, es sei halt praktisch und er mache hier gerne Kaffeepause. 

«Wir kommen eigentlich jeden Tag hierher», sagt die 17-jährige Marta Pereira. Sie sitzt am Nebentisch, ihr gegenüber eine Kollegin, auf dem Tisch bunte Energydrinks. Die beiden besuchen die Gewerbeschule und der Avec sei deshalb praktisch gelegen. 

Wie geht's weiter?

Praktisch sei er also. Der Rückzug von Valora aber zeigt: Wirtschaftlich ist da offenbar nicht mehr genug zu holen. Was das für die Mitarbeitenden vor Ort heisst, konnte Valora nicht beantworten. Die Verkaufsstelle werde von einem Agenturpartner geleitet. Die befragten Kund*innen müssen sich jedenfalls in Bälde nach einer Alternative umsehen. Für sie bleibt zu hoffen, dass künftig ein anderes Lokal auf dem Messeplatz ihr Bedürfnis nach Znünipause-Kaffee oder Feierabend-Energydrink stillt.

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Michelle Isler

Das ist Michelle (sie/ihr):

Nach einem Masterstudium in Geisteswissenschaften und verschiedenen Wissenschafts- und Kommunikations-Jobs ist Michelle bei Bajour im Journalismus angekommen: Zuerst als Praktikantin, dann als erste Bajour-Trainee (whoop whoop!) und heute als Junior-Redaktorin schreibt sie Porträts mit viel Gespür für ihr Gegenüber und Reportagen – vorzugsweise von Demos und aus den Quartieren. Michelle hat das Basler Gewerbe im Blick und vergräbt sich auch gern mal in grössere Recherchen. 


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