Szene Schweiz schickt Unia zurück auf den Bau

Balletttänzer*innen protestierten auf der Bühne für «faire Löhne». Orchestriert hat das die Unia. Damit betritt sie traditionelles Terrain von Szene Schweiz, dem Berufsverband Darstellende Künste. Deren Geschäftsführerin findet das «unkollegial».

Ballett
In einem sind sich die Gewerkschaften einig: Tänzer*innen verdienten zu wenig. (Bild: Unsplash)

Und schon gibt es den nächsten Krach zwischen der Unia und einer anderen Gewerkschaft. Dieses Mal geht es um das Ballett. Die Unia hat die Basler Theaterszene mit einer ziemlich spektakulären Aktion aufgemischt: Basler Balletttänzer*innen gingen letzten Freitag nach der Premiere von «Explosiv» auf die Bühne und hielten ein Banner in die Höhe «Faire Löhne fürs Basler Ballett». Primenews berichtete.

Nichts von der Aktion gewusst hat Szene Schweiz. Der Berufsverband der Darstellenden Künste sieht sich zuständig für Balletttänzer*innen. Geschäftsführerin Salva Leutenegger sagt: «Die Tänzer*innen sind zu Recht unzufrieden.» Aber: «Wie die Unia einfährt, ist nicht unser Stil in der Kunst. Ich empfehle der Unia, sich dort zu engagieren, wo sie ihre Berechtigung hat: zum Beispiel auf dem Bau.»

Besonders stört Leutenegger, dass die Unia sie vor der Bühnenaktion nicht informiert hat: «Das finde ich unkollegial.» Sowohl Unia als auch Szene Schweiz sind Mitglied des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. «Die Unia ist ein grosser Player und sich gewohnt, so aufzutreten.»

Leutenegger
Salva Leutenegger, Szene Schweiz. (Bild: zvg)
«Wie die Unia einfährt, ist nicht unser Stil in der Kunst. Ich empfehle der Unia, sich dort zu engagieren, wo sie ihre Berechtigung hat: zum Beispiel auf dem Bau.»
Salva Leutenegger, Szene Schweiz

Pikant an der ganzen Geschichte: Die Balletttänzer*innen haben einen Gesamtarbeitsvertrag, ausgehandelt von Szene Schweiz auf Arbeitnehmer*innenseite und dem Bühnenverband auf Arbeitgeber*innenseite. Auch jetzt laufen Gespräche, sagt Leutenegger. Und zwar genau dafür, was die Tänzer*innen fordern: höhere Löhne. 

Unia und Szene Schweiz sind sich nämlich einig: Die Löhne im Ballet sind ein Problem. «Das ist nicht neu, wir setzen uns seit Jahren für das Thema ein», sagt Leutenegger. «Bühnentänzer*innen arbeiten am am härtesten, sind am jüngsten und verdienen am wenigstens.» Jährlich verhandelt Szene Schweiz daher mit der Deutschschweizer Tarifkommission, letztes Jahr habe der Berufsverband wieder auf die fehlende Lohnentwicklung hingewiesen. Ausserdem sei eine Lohnkampagne in Vorbereitung.

Und auch die Direktion des Theater Basel hat reagiert. Es hat im Ballett die Entlöhnung fürs Jahr 2023 von 4300 auf 4500 Franken angehoben – sie liegen nun 200 Franken über der Mindestgage für Berufseinsteiger*innen gemäss GAV. Nur das Opernhaus Zürich zahlt in der Deutschschweiz noch besser. «Auch jetzt sind wir im ständigen Dialog», sagt Leutenegger. Das Theater Basel wies gegenüber Primenews ebenso darauf hin, dass die Basler Gagen über dem Schnitt liegen.

Daria Frick UNIA
Daria Frick, Unia. (Bild: zvg)
«Bisher wurden die Lohnforderungen der Tänzer*innen nicht erfüllt. Darum wurde die Unia mandatiert, das Problem zu lösen.»
Daria Frick, Unia

Der Unia – und den Tänzer*innen – reichen diese Entwicklungsschritte offenbar nicht. «Bisher wurden die Lohnforderungen der Tänzer*innen nicht erfüllt», schreibt Gewerkschafterin Daria Frick per Mail. Darum sei die Unia mandatiert worden, das Problem zu lösen, sprich mit der Leitung einen Weg zu finden, um korrekte Löhne auszuhandeln. «Unsere Basis bestimmt in jeder Kampagne, wann was wo wie und mit wem passiert. In diesem Fall sind unsere zuständigen Gewerkschaftssekretär*innen in Kontakt auch mit Szene Schweiz.» Einen Konflikt mit Szene Schweiz gebe es nicht.

Es ist nicht das erste Mal, dass es zwischen der Unia und anderen Basler Gewerkschaften Meinungsverschiedenheiten gibt. Aktuell herrscht im Basler Gewerkschaftsbund ein Machtkampf, der Schweizerische Gewerkschaftsbund vermittelt (Bajour berichtete).

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Vermisst in Basel: Klartext, eine gepflegte Fluchkultur und Berge.

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  • War während der Jugend mal für die JUSO im Churer Gemeindeparlament. Bin aber ausgetreten, als es mit dem Journalismus und mir ernst wurde.

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