Die Anschuldigungen werden schärfer

Eine weitere Kundgebung der Gruppe «Unibas 4 Palestine» verlief friedlich, aber nicht ohne schwere Anschuldigungen gegen Uni-Vertreter*innen. In der Stadt hat die Gruppe ausserdem mehrere Plakate aufgehängt, auf denen Rektorin Schenker-Wicki direkt angegriffen wird.

Kundgebung Uni Basel
Vor dem Kollegienhaus der Uni werden Ansprachen gehalten. (Bild: Ernst Field)

Bei leichtem Regen kamen am Mittwoch um 12:15 Uhr pro-palästinensische Aktivist*innen auf dem Petersplatz vor dem Kollegienhaus zusammen. Es war die erste Kundgebung der Gruppe «Unibas 4 Palestine», nachdem die Besetzer*innen des Soziologischen Instituts am Montagmorgen geräumt worden waren. Direkt im Anschluss kündigten die Besetzer*innen bereits auf Social Media an: «Unser Widerstand ist unräumbar.» Zwei Tage später kamen nun rund 150 bis 200 Personen zusammen. Sie riefen Slogans wie «From Basel to Gaza, Students Intifada», «Free free Palestine» und auch vereinzelt «From the River to the sea, Palestine will be free» – Sprüche, die mitunter als antisemtitisch gelesen werden.

«You can't hide»

Zu Beginn wurden Ansprachen gehalten. Ein Redner kritisierte die Rektorin der Universität, Andrea Schenker-Wicki, für ihr Interview mit der BaZ, in dem sie zur Besetzung Stellung bezog. Er sagte, sie würde offensichtlich lieber mit Journalist*innen sprechen als mit den demonstrierenden Student*innen. Immer wieder wurde die Uni während der Ansprachen bezichtigt, einen Genozid zu unterstützen. Eine der Hauptforderungen der Aktivist*innen ist, dass die Uni Basel die Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten aufkündigen soll. Die Rektorin hat bereits mehrmals betont, dass die Uni sich auf diese Forderung nicht einlassen werde. Und so waren auch schwere Anschuldigungen zu hören: «Schenker-Wicki you can’t hide, we charge you with Genocide». Wie auf einem Post auf Social Media zu sehen ist, haben die Aktivist*innen ausserdem mehrere Plakate in der Stadt aufgehängt, auf denen Rektorin Andrea Schenker-Wicki, Uni-Mediensprecher Matthias Geering und Sicherheitsleiter Marco Pagoni von der Uni Basel als «Genocide-Supporters», also als Unterstützer*innen eines Genozids bezichtigt werden.

Kundgebung Uni Basel Bernoullianum
Die Aktivist*innen beenden ihre Kundgebung vorm Bernoullianum. (Bild: Ernst Field)

Nicht nur die Rektorin, auch die Skuba bekam an der Kundgebung ihr Fett weg: Ihr wird seitens der Aktivist*innen vorgeworfen, sich von der Uni als Gegenpol zur Demo-Bewegung zu inszenieren. Die Skuba hatte sich bei Primenews gegen die Besetzer*innen ausgesprochen und betont, sie würden den Uni-Betrieb in der Lern- und Prüfungsphase stören. 

Auf den sozialen Medien konnte man verfolgen, dass sich die Gruppe nach den Ansprachen friedlich in Bewegung Richtung Bernoullianum bewegte, das vor zwei Wochen von ihnen besetzt und nach zwei Tagen – ohne Widerstand – geräumt worden war. Während ihres Demontrationsmarsches riefen die Aktivist*innen die oben genannten Parolen, sie sprachen aber auch immer wieder «Hands off Rafah» – vermutlich eine Anspielung auf die israelische Rafah-Offensive, bei der in den vergangenen Tagen mehrere Dutzend Menschen getötet wurden, auch Frauen und Kinder.

Keine Zwischenfälle

Vorm Bernoullianum angekommen, stellten sich einige der Demonstrierenden vor den Haupteingang des Gebäudes und hielten Banner mit den Aufschriften: «Wieso ist Palästina nicht frei?» und «Hands off Rafah» hoch. 

Die Kundgebung verlief ohne Zwischenfälle. Genauso wie schon die Räumung der Gebäude am Petersgraben 27 und 29 am Montag, als ein Grossaufgebot der Polizei vor Ort war. Im Institut hielten sich keine Personen auf, vor dem Gebäude wurden jedoch 20 Aktivist*innen angehalten und ihre Personalien kontrolliert. 

Soziologie-Institut nur beschränkt zugänglich

Das Institut für Soziologie ist seit der Räumung nach wie vor nur für berechtigte Personen zugänglich, der Uni-Betrieb bleibt also eingeschränkt. Die Universität Basel prüfe derzeit, wann eine Anpassung möglich sei, sagt Matthias Geering. Aktuell werde noch abgeklärt, ob Sachschäden im Gebäude festgestellt worden seien. Auf die Frage, ob die Uni Basel die Daten der 20 angehaltenen und kontrollierten Personen bereits daraufhin überprüft hat, ob es sich um Studierende handelt, sagt Geering: «Die Universität Basel klärt derzeit ab, ob rechtliche Schritte gegen Angehörige der Universität Basel eingeleitet werden können, die sich an den illegalen Besetzungen beteiligt haben. Die Universität Basel hat diesbezüglich bei der Polizei die Herausgabe allfälliger Personendaten beantragt.»

Die Polizei konnte Bajour keine Auskunft darüber geben, wie viele Student*innen sich unter den kontrollierten Personen befinden. Denn: «Es gibt keine gesetzliche Grundlage, die der Polizei erlauben würde, bei kontrollierten Personen einen allfälligen Studentenausweis zu verlangen», sagt Stefan Schmitt, Mediensprecher der Kantonspolizei. Eine weitere Kundgebung der Aktivist*innen ist bisher nicht angekündigt. 

Mitarbeit: Ernst Field, Helena Krauser

Basel Briefing

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Valerie Wendenburg

Nach dem Studium, freier Mitarbeit bei der Berliner Morgenpost und einem Radio-Volontariat hat es Valerie 2002 nach Basel gezogen. Sie schreibt seit fast 20 Jahren für das Jüdische Wochenmagazins tachles und hat zwischenzeitlich einen Abstecher in die Kommunikation zur Gemeinde Bottmingen und terre des hommes schweiz gemacht. Aus Liebe zum Journalismus ist sie voll in die Branche zurückgekehrt und seit September 2023 Senior-Redaktorin bei Bajour. Im Basel Briefing sorgt sie mit ihrem «Buchclübli mit Vali» dafür, dass der Community (und ihr selbst) der Lesestoff nicht ausgeht.

Kommentare

martin_friedlin
Martin Friedlin
03. Juni 2024 um 10:55

Warum gibt man diesen Leuten dauernd irgendwo eine Plattform?

Weder tragen sie konstruktiv zu einer Beilegung des Konflikts bei, noch sind sie differenziert genug Israel und die momentane israelische Regierung auseinanderzuhalten. Besonders stossend ist auch der Fokus; wir haben eine ganze Reihe von Problemgebieten auf dieser Welt angefangen bei den Frauenrechten in Afghanistan über die Unterdrückung der Uiguren oder Tibeter in China bis hin zur aktuellen Hungersnot im Sudan. Und von der Ukraine wollen wir gar nicht erst anfangen. Da verliert niemand dieser Selbstgerechten auch nur ein Wort.