Der Uni-Betrieb bleibt eingeschränkt

Die Besetzung des Instituts für Soziologie wurde am Montagmorgen durch ein Grossaufgebot der Polizei geräumt. Aufgrund aktueller Massnahmen seitens der Uni ist ein regulärer Lehrbetrieb allerdings nach wie vor nicht möglich.

Institut für Soziologie
Das Institut für Soziologie bleibt vorerst verschlossen, die Fenster sind verriegelt. (Bild: Valerie Wendenburg)

Das Gebäude am Petersgraben 27 ist nach seiner Räumung nicht zugänglich. Security bewacht das Institut für Soziologie und die Fenster im Erdgeschoss sind zugesperrt. Veranstaltungen finden hier vorerst keine statt. Wie der Mediensprecher der Uni, Reto Caluori, auf Anfrage mitteilt, werden die Häuser am Petersgraben 27 und 29 voraussichtlich ab Mittwoch wieder mit Zutrittskontrolle zugänglich sein. «Derzeit wird eine Schadensaufnahme in den Liegenschaften durchgeführt», heisst es. 

Ob im Gebäude Schäden durch die pro-palästinensischen Besetzer*innen verursacht wurden, ist bislang nicht geklärt. Klar ist aber, dass sich die Aktivist*innen der Gruppe «Unibas 4 Palestine» während der Besetzung friedlich verhalten haben. Als die Polizei am Montagmorgen mit einem Grossaufgebot von zwei Dutzend Kastenwagen am Petersplatz eintraf und um kurz nach 6 Uhr mit der Räumung begann, seien keine Personen mehr im Gebäude gewesen, teilte Polizeisprecher Adrian Plachesi den Medien vor Ort mit. Vor dem Gebäude seien diverse Personen angehalten worden. Insgesamt habe die Polizei 20 Personenkontrollen durchgeführt und grossräumige Platzverweise bis Mitternacht ausgesprochen. 

Unterstützt wurde die Basler Kantonspolizei vom Polizeikonkordat Nordwestschweiz. Wie der Mediensprecher der Kantonspolizei, Stefan Schmitt, auf Nachfrage mitteilt, könne aus polizeitaktischen Gründen keine genaue Anzahl der eingesetzten Mitarbeitenden genannt werden. Auf die Frage, wie viele Student*innen sich unter den kontrollierten Personen befunden hätten, heisst es seitens der Polizei: «Es gibt keine gesetzliche Grundlage, die der Polizei erlauben würde, bei kontrollierten Personen einen allfälligen Studenten-Ausweis zu verlangen.» 

«Die Universitätsleitung sieht die Voraussetzungen für einen konstruktiven Dialog nicht gegeben.» 
Reto Caluori, Uni-Sprecher

Wie aus einer Mail deutlich wird, die Bajour vorliegt, hat die Fachgruppe Soziologie sich am Freitagabend gegen die «angedrohte und gewaltvolle Räumung» ihres Instituts ausgesprochen. Es heisst, das Institut sei offen für alle, und der Fachbereich forderte die Uni-Leitung auf, sich dem Dialog zu stellen. Auf diesen ist Rektorin Andrea Schenker-Wicki bisher aber nicht eingetreten – und sie hat es auch künftig nicht vor. Uni-Sprecher Reto Caluori sagt: «Nach wiederholten ungenehmigten und rechtswidrigen Aktionen der Aktivistinnen und Aktivisten sieht die Universitätsleitung die Voraussetzungen für einen konstruktiven Dialog nicht gegeben.» 

Auch ein Podium für die Studierenden, an dem über die aktuellen Ereignisse an der Uni gesprochen werden soll, sei nicht geplant. «Wir sind aber bestrebt, im Herbstsemester den Nahostkonflikt im Rahmen von Gesprächsforen oder Podiumsdiskussionen zu thematisieren», so Caluori. 

«Unser Widerstand ist unräumbar.»
Gruppe «Unibas 4 Palestine»

Die verschlossenen Fenster des Instituts am Petersgraben deuten darauf hin, dass die Uni mit erneuten oder weiteren Besetzungen rechnet. Auch die Mitarbeitenden und Studierenden des Departements Literaturwissenschaften, das nur wenige Meter entfernt am Nadelberg beheimatet ist, wurden schon am Freitag per Mail dazu aufgefordert, alle Türen der Gebäude verschlossen zu halten. 

Die Leitung der Uni Basel hat am Montag via X betont, dass sie «weder Besetzungen noch Störungen des Prüfungs-, Lehr- und Forschungsbetriebs» duldet und gegen weitere illegale Handlungen entschieden vorgehen werde. Der reguläre Uni-Betrieb wird nun allerdings auch nach der Besetzung eingeschränkt. Denn die Universität veranlasst infolge der Besetzung Massnahmen, die die Studierenden verschiedener Fachbereiche direkt betreffen. 

Reto Caluori bestätigt, dass alle Lehrveranstaltungen, die in dieser Woche in den Liegenschaften am Petersgraben stattfinden sollten, in andere Räume verlegt werden: «Um den Studierenden eine sichere und ruhige Prüfungsatmosphäre zu gewährleisten, wurden alle dort geplanten Prüfungen in andere Räumlichkeiten, insbesondere in das Kollegienhaus, verlegt.» Es seien auch einige Lehrveranstaltungen in Gebäuden am benachbarten Nadelberg umgebucht worden. Eine Veranstaltung finde via Zoom statt, für alle anderen hätten alternative Räume gefunden werden können.

Währenddessen haben die Aktivist*innen zu ihrer nächsten Kundgebung am Mittwochmittag auf dem Petersplatz aufgerufen. Darin heisst es: «Unser Widerstand ist unräumbar.»

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Valerie Wendenburg

Nach dem Studium, freier Mitarbeit bei der Berliner Morgenpost und einem Radio-Volontariat hat es Valerie 2002 nach Basel gezogen. Sie schreibt seit fast 20 Jahren für das Jüdische Wochenmagazins tachles und hat zwischenzeitlich einen Abstecher in die Kommunikation zur Gemeinde Bottmingen und terre des hommes schweiz gemacht. Aus Liebe zum Journalismus ist sie voll in die Branche zurückgekehrt und seit September 2023 Senior-Redaktorin bei Bajour. Im Basel Briefing sorgt sie mit ihrem «Buchclübli mit Vali» dafür, dass der Community (und ihr selbst) der Lesestoff nicht ausgeht.

Kommentare

Brot
27. Mai 2024 um 14:56

Scheinheilig

Die Unileitung alleine ist dafür verantwortlich, dass die Lernathmosphäre gestört wird. Sicher nicht die Haltung zeigenden Studierenden! Gerne darf Rücksprache genommen werden, mit den Studierenden, die während der Prüfungsvorbereitung das Institut für Literaturwissenschaft verlassen mussten. Ich bin Teilnehmende des (einzigen) Seminars, welches am Freitag räumlich verschoben wurde. Niemand, weder Teilnehmende des Seminars noch Leiter dieses, fühlten sich in irgendeiner Weise davon eingeschränkt, abgelenkt oder irritiert. Alle Bereiche des Gebäudes waren jederzeit zugänglich, sodass in der Bibliothek des soziologischen Instituts unter dem Dach bedenkenlos gelernt werden konnte. Solch ein Polizeieinsatz in dieser Grösse musste bereits am Donnerstag geplant werden, soviel zu Dialog. Einsatz um 6 Uhr bedeutet eine extrem frühe Anfahrt für die Polizist:innen aus Bern/aus dem Aargau für 20 Studierende vor dem Haus und ein leeres Gebäude. In welcher Welt ist die verhältnismässig?!