Thomas Schweizer: «Meine Generation soll sich aktiv beteiligen»

Am 12. Februar sind Landratswahlen. Bajour pickt aus jeder Partei eine*n spannende*n Kandidat*in raus. Heute ist das Thomas Schweizer für die Mitte. Mit 82 Jahren der älteste Landratskandidat und selbsternannter «Influencer fürs Waldenburgertal und das obere Baselbiet».

Thomas Schweizer
Zur Person
  • Name: Thomas Schweizer
  • Alter: 82
  • Beruf: Senior, Autor, Influencer
  • Wohnort: Füllinsdorf
  • Wahlkreis: Waldenburg
  • Liste: Die Mitte Basel-Landschaft (Liste 5)

Thomas Schweizer, 2019 haben Sie bei den Landratswahlen für die EVP kandidiert. Warum jetzt für die Mitte?

Ich bin eigentlich per Zufall auf die Liste gekommen. Die Mitte Oberes Baselbiet kandidiert zum ersten Mal mit einer eigenen Liste. Lorenz Degen, mit dem ich viele kulturelle Anlässe organisiere, hat mich gefragt, ob ich mit ihm auf die Liste will. Da habe ich gedacht, gut, dann komme ich auf die Liste. Ich bin aber nicht Parteimitglied, ich bin ein unabhängiger Liberaler, das war ich schon bei den Wahlen 2019. Ich finde mich in der Mitte aber gut zurecht, das sind aufgestellte Leute.

Sie bezeichnen sich selbst als «Influencer für das Waldenburgertal und das obere Baselbiet». Weshalb braucht es das in dieser Region? Was sind die grössten Probleme?

Das Waldenburgertal ist in einer schwierigen Situation, weil es praktisch alle Industrien verloren hat. Es liegt ein bisschen an der Peripherie und hat daher einen Standortnachteil gegenüber der Stadt Basel. Die Leute im Tal geben sich alle erdenkliche Mühe, dass sie auch Teil haben können am Fortschritt und der Industrialisierung. Dafür setze ich mich gerne ein. Ein grosser Erfolg war zum Beispiel die neue Waldenburgerbahn, da habe ich viel darüber geschrieben.

Sie wollen sich für gute Lebensbedingungen für ältere Menschen einsetzen, da ist ja zum Beispiel Vereinsamung ein grosses Thema. Wie wollen Sie das angehen?

Vielleicht könnte man Kulturzentren schaffen oder Angebote ausbauen, die es bereits gibt. Aber ich muss sagen, viele Gedanken habe ich mir darüber noch nicht gemacht. Ich rechne ja nicht im geringsten damit, dass ich gewählt werde. Aber das macht mir überhaupt nichts aus. Als Autor will ich präsent sein und die Möglichkeiten ausnutzen, die ich habe. Und ich sehe in meiner Kandidatur die Möglichkeit, einen Appell an meine Generation zu senden, sich möglichst aktiv zu beteiligen – auch in der Politik. Ich habe ja ein Manifest geschrieben, das erklärt, wieso ich als 82-Jähriger noch kandidiere.

Manifest: «Der alte Mann und die Politik»

«Mit meinen 82 Jahren bin ich ein Exot und wäre der Doyen im Landrat. Meine Arbeit wäre aber nicht weniger effizient als die der Jüngeren. Als alter verwitweter Mann bin ich heute ein Freigeist, in jeder Beziehung unabhängig und kann tun und lassen, was ich will.»

«Darf ich also als 82-jähriger Mann noch für den Landrat kandidieren? Bestimmt darf ich das. Ich soll sogar, sofern mir das geistig und körperlich noch möglich ist. Wenn sich Jungpolitiker:innen für die Jungen einsetzen, darf ich mich als alter Mann auch für meine Generation und für die vorhergehende einsetzen. Konkret und ohne anmassend zu sein: Den alten Menschen eine Stimme geben ist mein Ziel. Mein politischer Aggregatszustand ist: Einsicht, Abwägen, Entscheiden.»

Auszüge aus: «Der alte Mann und die Politik – ein Manifest von Thomas Schweizer»

Kennen Sie das Thema Vereinsamung auch aus Ihrem persönlichen Leben?

Nein. Ich fühle mich überhaupt nicht einsam. Zwar lebe ich seit 16 Monaten allein als verwitweter Mann in Füllinsdorf, aber ich habe viele Freunde und Familien, die mich wunderbar unterstützen. Alleine bin ich natürlich schon auch, aber das bin ich gerne. Wissen Sie, man muss aktiv bleiben und selber etwas tun wollen. Mir ist klar, dass das nicht bei allen möglich ist. Aber ich gehe zum Beispiel am Dienstag immer an den Mittagstisch der reformierten Kirche.

Welche Klimaschutzmassnahmen braucht der Kanton Baselland?

Das sind natürlich die gängigen Massnahmen, die Regierungsrat Isaac Reber unter sich hat. Er macht das gut. Mit dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs kann man viel machen und mir ist auch wichtig, dass die wenigen bestehenden Grünflächen erhalten bleiben. Ja, möglicherweise sogar neue schafft. Es braucht eine sinnvolle Raumplanung zugunsten des Landschaftsschutzes.

Sie leben in Füllinsdorf. Wie sind Sie in Ihrer Influencer-Region unterwegs und mit welchem Verkehrsmittel?

Ich fahre immer noch Auto. Seit bald sieben Jahren ist das ein Ford Fiesta, ein sehr handliches Auto. Ich fahre aber eigentlich nur noch in der Region, nach Birsfelden oder Münchenstein zu meinen Kindern, zum Beispiel. Natürlich bin ich auch ein grosser Förderer des öffentlichen Verkehrs, vor allem für ältere Leute ist das sehr wichtig. Ich freue mich ab der Waldenburgerbahn. Mit dem Auto bin ich einfach viel mobiler, das ist eine persönliche Entscheidung.

Bajour kürt täglich eine*n Basler*in des Tages. Baselbieter*innen sind mitgemeint. Wen würden Sie nominieren?

Oh, das ist jetzt gar nicht so einfach. Aber wissen Sie was: Ich habe einen sehr guten Draht zu Elisabeth Schneider-Schneiter, sie ist eine hervorragende Nationalrätin und auch menschlich eine tolle Frau. Sie würde ich nominieren, ja ja.

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