Baustellen im Stadtpark: Die «Rollstuhlolympiade»

Der Rollstuhlfahrer Felix Bopp will Stolperfallen im Alltag nicht mehr einfach so hinnehmen. Also hat er Bajour eine Mail geschrieben. Ein Bericht über den Kampf für mehr Horizontale.

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Felix Bopp im Schützenmattpark. Für Menschen mit Rollstuhr, Rollator oder Sehschwäche seien die kleinen Hürden gefährliche Stolperfallen, sagt Bopp. (Bild: Daniel Faulhaber)

Felix Bopp hätte früher auch keine Gedanken an dieses kleine Stück Asphalt verschwendet, aber heute sitzt er im Rollstuhl vor den beiden Bodenschwellen im Schützenmattpark und witzelt bitter: «Auf gehts zur Rollstuhlolympiade».

Dann rumpelt er mit seinem Gefährt über die Schwellen. Der Rollstuhl wackelt und ruckelt und hinten fallen wegen der ganzen Schaukelei beinahe die beiden Krücken aus der Halterung. 

Bopp, den schüttelts

Der Schützenmattpark wird derzeit saniert. Die Wege und Trinkwasserleitungen werden erneuert, der Eingangsbereich soll einladender gestaltet werden. Alles kein Problem, findet Bopp, aber als Rollstuhlfahrer fühlt er sich am Ende der Einschränkungskette mal wieder sehr alleine gelassen. Es ist nicht so, dass er die Schwellen nicht überfahren könnte, die Aufwölbungen sind ja nicht gross. 

Denken sich vielleicht diejenigen Parkbesucher*innen, die keine Gehhilfe benötigen. 

Denken sich wahrscheinlich auch die Baustellenverantwortlichen. Sagt Felix Bopp. 

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Der Schützenmattpark wird wegen der naheliegenden Alterssiedlungen von vielen alten Menschen genutzt, sagt Felix Bopp. Gute Begehbarkeit sei darum angezeigt. (Bild: Daniel Faulhaber)

Aber Bopp, den schüttelts. Es schüttelt ihn nicht nur hier, sondern auch ein Stück weiter vorne, am Wielandplatz, wo eine Riesenbaustelle im Gang ist. «Dieser Platz ist schon im Normalzustand eine komplizierte Angelegenheit. Aber heute ist das ein schier undurchdringbarer Dschungel». Bopp wohnt in der Nachbarschaft, er muss hier jeden Tag durch.

Ein kurzer Augenschein vor Ort bestätigt die Mobilitätseinschränkung. Baustellengräben sind nur über kleinen Metallbrücken passierbar. Bretterzäune machen die übrigen Passagen eng. An manchen Stellen fehlen Rampen zwischen Trottoir und Strasse. Mit Bopps Rollstuhl ist hier kein Durchkommen. 

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Kein Durchkommen mit dem Rollstuhl. Viele Passagen in der Baustelle sind für Mobilitätseingeschränkte ein Graus. (Bild: Daniel Faulhaber)

Auch darum hat sich Bopp mit einer Mail an Bajour gewandt. Nicht wegen der einzelnen Schwellen im Schützenmattpark, aber in ihrer Gesamtheit sind diese Hürden symptomatisch. Bopp erzählt aus dem Alltag. Kürzlich habe er am Marktplatz Geld abheben wollen. «Erst musste ich zum Ende der Trottoirrampe, wo das Ende abgesenkt ist. Dann auf eine Verkehrslücke warten, um zwischen den Trams durchzufahren. Auf der anderen Seite wieder ein Umweg, um auf das Trottoir und schliesslich zum Bankomaten zu gelangen». 

Bopp sagt, dieses kleine Manöver habe ihn eine Dreiviertelstunde gekostet. 

Weit ist nicht gleich weit

Früher konnte Felix Bopp gehen. Seit einem Hirnschlag vor sieben Jahren hat er Distanzen neu kennengelernt, sagt er. «Was für gehfähige Menschen 100 Meter sind, entspricht bei einem Menschen mit Gehstöcken einen halben Kilometer.» 

Im Schützenmattpark sitzt kein Wutbürger auf vier Rädern. Da sitzt einer, der mit ruhiger Stimme für ein echtes Verständnis dafür wirbt, was ein Leben mit Beeinträchtigung im Alltag bedeutet. Dieses Verständnis ist nicht immer gegeben. Wer über Rollstuhlfahrer berichtet, die unter den neuen Tramhaltestellen der BLT bei Regen schlecht geschützt sind und darum nass werden, muss mit Kommentaren wie diesen rechnen:

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Leser*innenkommentar unter einem Zeitungsbericht der bz über einen Rollstuhlfahrer, der an der Tramhaltestelle im Regen steht. (Bild: Daniel Faulhaber)

Auf solche Einwände angesprochen sagt Bopp, am Ende sei es eine Grundsatzentscheidung: «In welcher Gesellschaft wollen wir leben?» Er findet: «Es soll den Schwächsten ermöglicht sein, ein gutes Leben zu haben.» 

Auch darum will er kleine Bodenschwellen wie die im Schützenmattpark nicht weiterhin einfach hinnehmen. Aus seiner Sicht ist die Ebenerdigkeit keine Frage der technischen Machbarkeit. «Man könnte das hier auch als Provisorium einfach planieren. Oder wenigstens mit Farbe markieren. Vorsicht, Stolperfalle.» 

Aus Felix Bopps Sicht ist die Frage der Ebenerdigkeit im Schützenmattpark auch eine Frage der Menschenwürde.

Sanierung soll bald abgeschlossen sein

Zuständig für die Sanierung im Schützenmattpark ist die Stadtgärtnerei. Dieser ist das Problem mit den Schwellen bewusst, die für mobilitätseingeschränkte Menschen tatsächlich «sehr lästig» seien, wie die Stadtgärtnerei auf Anfrage zugibt. Aufgrund von Lieferschwierigkeiten, «von denen auch wir derzeit betroffen sind», verzögere sich der Einbau des Deckbelags derzeit.

Bis zu den Sommerferien soll wieder eine glatte Oberfläche entstehen. Man versuche, solche Übergangsphasen während Baustellen möglichst kurz zu halten, sagt Thomas Gerspach von der Stadtgärtnerei Basel-Stadt. 

Mit Blick auf den Wielandplatz, wo das Tiefbauamt zuständig ist, schreibt das Bau- und Verkehrsdepartement (BVD): «Behindertengerechtigkeit ist bei jeder Baustelle Teil des Pflichtenhefts der beauftragten Unternehmen. Die Metallbrücken über den Baugräben entsprächen der Norm, «allerdings stellen wir immer wieder fest, dass diese gerade mit Blick auf Menschen im Rollstuhl wenig grosszügig ausgestaltet sind». Vor und nach der Brücke muss ausreichend Platz sein, damit ein Rollstuhl gerade auf die Brücke zufahren kann. 

Sind die Basler Baustellen entsprechend ausgerüstet? Nicole Ryf-Stocker, Sprecherin des BVD: «Alle Beteiligten werden laufend dafür sensibilisiert.»

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Bei Bajour als: Reporter und Redaktor

Hier weil: da habe ich die Freiheit, Neues anzupacken und unkonventionell zu arbeiten, ohne über sieben Hierarchiehürden zu springen. Das ist toll. Gleichzeitig macht diese Freiheit natürlich Angst, und das wiederum schweisst zusammen. Darum bin ich auch hier. Wegen des Teams.

Davor: Bei der TagesWoche und davor lange Jahre an der Uni mit Germanistik & Geschichte.

Kann: Ausschlafen.

Kann nicht: Kommas.

Liebt an Basel: Die Dreirosenbrücke. Das Schaufenster des Computer + Softwareshops an der Feldbergstrasse Ecke Klybeckstrasse. Das St. Johann. Dart spielen in der Nordtangente. Dass Deutschland und Frankreich nebenan sind.

Vermisst in Basel: Unfertigkeit. Alles muss hier immer sofort eingezäunt und befriedet und geputzt werden. Das nervt. Basel hat in vielem eine Fallschirmkultur aus der Hölle. Absichern bis der Gurt spannt. Ich bin schon oft aus Versehen eingeschlafen.

Interessensbindung: Vereinsmitglied beim SC Rauchlachs.

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