Basel klimaneutral: 19 Ideen einer 19-Jährigen

Die Lutz/Fetz-Kolumne geht in die nächste Runde. Diesmal mit der Frage: Was können wir konkret in Basel machen, damit der Klimaschutz vorangetrieben wird?

Fenster inmitten von Blättern
Basels Zukunft, damit der Kanton klimaneutral wird? (Bild: Andreas Barta)

Liebe Anita

Die Schweiz verfehlt ihr Klimaziel für 2020 – obschon wegen Corona auf den Strassen im letzten Jahr zeitweise deutlich weniger lief. Und selbst diese Klimaziele gehen zu wenig weit und erfüllen nicht einmal das Pariser Klimaabkommen. Wenn wir weitermachen wie bisher, erreicht die Schweiz netto Null Treibhausemissionen in 154 Jahren. 

Und wie sieht das in Basel aus? Unser Kanton ist doch immer Vorreiterin. Naja. Vielleicht läuft es hier minimal besser als anderswo, aber auch wir sind in Verzug. Es braucht einen gewaltigen Ruck durch unsere Gesellschaft.

Basel klimaneutral? Netto Null. Das ist das Ziel der Klimagerechtigkeitsinitiative. Basel soll nur noch so viele Treibhausgase ausstossen, wie die Natur wieder aufnehmen kann. Wie soll das gehen? Schon tausendmal gehört, diese Frage: «Jaja, fordern tut ihr ja viel, wie sieht’s aber mit Lösungsvorschlägen aus?» Ideen habe ich viele. Brechen wir sie mal auf neunzehn runter. So alt bin ich nämlich.

Tada, hier meine Liste:

Stadtplanung

1. Basel autofrei

Der CO2-Ausstoss der Schweiz ist zu 40% auf den Verkehr zurückzuführen. Individualverkehr ist überholt. Und ja, auch Elektroautos. Jede*r alleine in der eigenen Blechkiste? Phu. In meiner Vision einer autofreien Stadt gibt es noch einige wenige Carsharing-Angebote, Lieferwagen für Arbeiter*innen, Zügelunternehmen, einige Taxis für ältere Menschen und die Rettungswagen der Stadt. Die notwendigen Ausnahmen halt. Und die alle in Elektro. Aber sonst? Auf dem Velo, zu Fuss, mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Bis 2030 Übergangsphase, ab 2030 sind wir so weit.

2. Grünflächen

Um die kommende Klimaerwärmung abzufedern, braucht es Grünflächen. Beton aufreissen, Bäume pflanzen, wilde Wiesen. Basel wird zur Stadt der Alleen, weil ehemalige Parkplätze begrünt werden. Städte sind ohnehin schon Hitzespeicher und wärmer als ihr Umland. Mit der Klimaerwärmung wird es noch heisser. Da ist Begrünung eine simple Anpassung an das Leben, das uns erwartet, eine Schutzmassnahme für die ältere Bevölkerung und zusätzlich gut für unser aller Wohlempfinden.

3. Für alle geeigneten Gebäude soll eine Solaranlagepflicht eingeführt werden.

Selbsterklärend.

4. Klimafolgenabschätzungen aller Projekte

Alle laufenden und zukünftigen Raumplanungsprojekte müssen nachweislich mit dem Ziel netto Null bis 2030 vereinbar sein.

«Sorry, fossile Treibstoffe sind einfach so was von 20. Jahrhundert. Get over it.»

Wirtschaftsumstellung

5. Klimaschutzsteuer auf Grossvermögen

Auch selbsterklärend. Wir brauchen für viele dieser Ideen Geld. Das wird unter anderem aus dieser Steuer kommen.

6. Arbeitszeitverkürzung

Um innerhalb unserer ökologischer Grenzen arbeiten zu können, muss die Arbeitszeit bis 2030 auf 24 Stunden über vier Wochentagen (täglich sechs Stunden) reduziert, um den Materialverbrauch zu reduzieren und um gute Arbeit für alle zu garantieren. 

7. Ab 2030 sollen fossiler Treibstoff und Strom komplett verboten werden.

Natürlich soll es eine Übergangsphase geben, wie immer. Aber sorry, fossiler Treibstoff ist einfach so was von 20. Jahrhundert. Get over it.

8. Werbungsverbot

Mein absoluter Traum. Um Konsum vorzubeugen, hängen anstelle von Werbung Kunst oder weiterbildende Texte und Bilder in der Stadt. Stell dir das mal vor: Du läufst durch die Stadt, und es hängen keine nervigen Plakate von Handyanbietern, nein. Du siehst moderne Experimentalkunst, alte Gemälde, Kinderzeichnungen. Infografiken, Texte über Themen aus Naturwissenschaft und Geschichte. Oh mein Gott. Es wäre so nice.

9. Teilen

Wir müssen unbedingt eine Kultur des Teilens schaffen. Es ergibt überhaupt keinen Sinn, dass jede*r bei sich zuhause alleine eine Bohrmaschine hat. Teilnetzwerke schaffen, stärken, benutzen! Das macht uns solidarisch und stärkt den Gemeinschaftssinn.

10. Stärkung der Pflege

Die Pflege ist eine kohlenstoffarme Wirtschaft, sie muss ausgebaut werden. Sie muss als Ausbildung gestärkt, besser bezahlt und somit mehr wertgeschätzt sein. Was beinhaltet die Pflege alles? Die Betreuung von Kindern zu Hause und in der Schule oder Tagi. Die Betreuung älterer Menschen zu Hause oder in Altersheimen. Die Pflege kranker Menschen in Krankenhäusern. Die Stärkung der Pflege wird sich gesellschaftlich positiv auswirken, indem sie zur Gleichstellung der Geschlechter beiträgt. Ausserdem gibt es nichts umweltfreundlicheres, als uns um unsere Mitmenschen zu kümmern. Auf langer Sicht geht es um den Umbau unserer Gesellschaft in eine Care-Gesellschaft. 

11. Mindestens ein Jahr Elternzeit

Geht Hand in Hand mit dem Umbau zur Care-Gesellschaft. Extrem umweltfreundlich.

Anpassung

12. Nachhaltige Ernährung in öffentlichen Kantinen

Vegetarisch, vegan, saisonal, bio. Es braucht Weiterbildungen für Köch*innen und mehr Geld für Lebensmittel.

13. Aufnahme von Klimaflüchtlingen

Basel muss sich aktiv dafür einsetzen, Geflüchtete aufzunehmen. Es wird viele Klimaflüchtlinge geben.

14. Food Waste verbieten

Das sollte eigentlich längstens eine Selbstverständlichkeit sein.

Bildung

15. Bildung zur Klimakrise in den Schulen

In den Schulen muss die Klimakrise als das beigebracht werden, was sie ist: Eine existenzielle Bedrohung unserer jetzigen Lebensweise, aber auch als eine Chance, notwendige Veränderungen voranzutreiben und im Einklang mit der Natur zu leben. Das muss als wichtiger Pfeiler klar im Lehrplan von Basel-Stadt verankert sein.

16. Kampagne für die breite Bevölkerung

Nicht nur in den Schulen, sondern auch die breite Bevölkerung muss über die wissenschaftlichen Grundlagen aufgeklärt werden. Dazu braucht es eine baselweite Kampagne des Kantons im Zusammenschluss mit bereits bestehenden Organisationen.

«Wir sehen es in der Corona-Krise: Den Leuten geht es psychisch nicht gut. Für die Klimakrise müssen wir vorbereitet sein.»

Indirekte Massnahmen

17. Demokratische Rechte für alle

Konkret heisst das: Das Stimm- und Wahlrecht muss auch für Leute ohne Schweizer Pass gelten. Es werden alle von den Folgen des Klimawandels betroffen sein und es müssen darum auch alle darüber abstimmen dürfen. Komplett logisch. (In Basel-Stadt ist ein entsprechender Vorschlag im Tun, am Ende bestimmt die Bevölkerung.)

18. Und zwar ab 14 Jahren!

Junge sind überdurchschnittlich von diesen Folgen betroffen. Darum müssen wir auch mitreden dürfen. 

19. Psychische Unterstützung

Psychische Unterstützung und Klimaschutz? Jetzt dreht sie komplett ab, diese 19-Jährige bei ihrer 19. Idee. Neinnein, keine Sorge. Wir sehen es in der Corona-Krise: Den Leuten geht es psychisch nicht gut. Für die Klimakrise müssen wir vorbereitet sein. Es braucht flächendeckende und niederschwellige Angebote, die gratis sind.

Diese Liste ist nicht komplett. Und auch nicht perfekt. Es sind Ideen, die weitergedacht und diskutiert werden müssen. Und da frage ich als Erstes dich: Was denkst du dazu, liebe Anita? 

Herzlich,

Pauline Lutz

__________

Pauline Lutz (2002) ist in der Klimabewegung und bei der Genfer Studierendengewerkschaft (CUAE) aktiv. Sie lebt in Genf und ist in Basel aufgewachsen. Die Kleinunternehmerin und ehemalige Ständerätin Anita Fetz (1957) politisierte bei der SP.

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